Fünfter Jahresbericht der EU zu ausländischen Direktinvestitionen
Am 14. Oktober 2025 veröffentlichte die Europäische Kommission (die „Kommission“) ihren fünften Jahresbericht über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union. Hierin beschreibt sie die jüngsten Entwicklungen im Bereich ausländischer Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments, „FDIs“) in der EU, sowie die legislativen Entwicklungen auf mitgliedstaatlicher und europäischer Ebene und sonstige Trends in der FDI-Überprüfung.
Ausländische Direktinvestitionen in der EU
Investitionstrends und Prüfungsaktivität
Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die FDIs in die EU im Jahr 2024 um 8,4 % verringert. Als Ursachen für diesen Abwärtstrend werden anhaltende Unsicherheiten wie eskalierende globale Handelsspannungen und geopolitische Konflikte benannt. Insgesamt wurden im Jahr 2024 EU-weit knapp 1.300 Genehmigungsanträge formell geprüft. Hiervon wurde die überwiegende Mehrheit (86 %) ohne Auflagen genehmigt. Nur 1 % der Entscheidungen wurde abgelehnt. Von den übrigen Entscheidungen wurden 9 % mit Auflagen oder Abhilfemaßnahmen verbunden. Die restlichen 4 % der Anträge wurden vor einer formellen Entscheidung zurückgezogen. Der Bericht stellt fest, dass demnach auch weiterhin nur FDIs, die ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen, blockiert werden. Im Vergleich wurden laut des am 31. Januar 2025 veröffentlichten Berichts des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Deutschland im Jahr 2024 261 Prüfverfahren nach der AWV durchgeführt. Im Rahmen des EU-weiten Kooperationsmechanismus, der es den nationalen Behörden erlaubt, ihre ausländischen Partnerbehörden und die Kommission über meldepflichtige Transaktionen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen zu informieren und so koordinierte Maßnahmen zu ergreifen, wurden im Jahr 2024 477 Meldungen gemacht. Besonders sensible Transaktionen betrafen dabei meist kritische Technologien, etwa im Zusammenhang mit dem Verteidigungssektor.
Gesetzgeberische Entwicklungen
Seit der Einführung der Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (die „FDI-Verordnung“) haben 24 Mitgliedstaaten eigene FDI-Überprüfungsmechanismen eingeführt, zuletzt im Jahr 2024 Bulgarien und Irland. Die ausstehenden Mitgliedstaaten Kroatien, Zypern und Griechenland befinden sich in entsprechenden Konsultationen und Gesetzgebungsverfahren. Eine Mehrzahl der Mitgliedstaaten mit bereits bestehenden Kontrollmechanismen haben verschiedene Änderungen vorgenommen, insbesondere um Infrastrukturen und Wirtschaftszweige, die strategisch wichtig für die nationale Sicherheit sind, besser zu schützen.
Die zunehmende Priorisierung der nationalen Sicherheit der Mitgliedstaaten schlägt auch auf EU-Ebene durch. Der Bericht spricht kurz das Gesetzgebungsverfahren für die Änderung der FDI-Verordnung an. Die Kommission legte dafür am 24. Januar 2024 einen ersten Vorschlag vor, im Mai 2025 folgte der Änderungsvorschlag des Europäischen Parlaments (das „Parlament“) und im Juni 2025 brachte der Rat der Europäischen Union (der „Rat“) seinen eigenen Vorschlag ein. Derzeit befindet sich das Gesetzgebungsverfahren in den Trilogverhandlungen, ein dritter Trilog ist für November 2025 angesetzt. Der Vorschlag der Kommission zielte unter anderem darauf ab, indirekte Auslandsinvestitionen (über EU-Tochtergesellschaften) in den Anwendungsbereich der Verordnung einzubeziehen, den Kooperationsmechanismus zwischen Mitgliedstaaten und Kommission durch eine einheitliche Stillhaltepflicht zu verbessern, und die Definition kritischer Sektoren in der EU stärker zu harmonisieren. Die Vorschläge von Parlament und Rat gehen weiter und sehen verbindliche Investitionsprüfungsmechanismen in allen Mitgliedstaaten vor, unterscheiden sich dabei aber in der Tiefe und Reichweite der erfassten Sektoren und in der Rolle der Kommission. Das Parlament will die Prüfung auf zusätzliche Bereiche wie beispielsweise Transport, Wahlinfrastruktur und kritische Rohstoffe ausweiten, während der Rat sich stärker auf militärische und Dual-Use-Güter konzentriert. Der Vorschlag des Parlaments würde der Kommission zudem die Befugnis geben, Investitionen selbst zu untersagen, während der Rat diese Entscheidung weiterhin den Mitgliedstaaten überlassen will.
Ausblick
Die Änderungsverordnung zur Verordnung (EU) 2019/452 soll neben der Einführung eines Mindeststandards auch die regulatorische Belastung für Wirtschaftsbeteiligte verringern. Dennoch müssen Wirtschaftsbeteiligte damit rechnen, dass auch weiterhin über diesen Mindeststandard hinaus auf nationaler Ebene weitergehende und vor allem divergierende Anforderungen gestellt werden. Eine sorgfältige Prüfung anhand der nationalen Vorschriften wird daher bei Unternehmenserwerben, Fusionen und Restrukturierungen weiterhin geboten sein. Mit einem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist wohl, anders als ursprünglich anvisiert, nicht mehr im Jahr 2025, sondern erst Anfang 2026 zu rechnen.

