EU bereitet sich auf Inkrafttreten neuer US-Zölle vor - Mitwirkungsmöglichkeiten für Wirtschaftsbeteiligte
Am 8. Mai 2025 hat die EU-Kommission ihr weiteres Vorgehen im Zollstreit mit den USA bekanntgegeben, darunter eine umfangreiche Liste der US-Produkte, die von möglichen Gegenzöllen betroffen wären. Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen für Sie zusammen. Eine detaillierte Darstellung der Entwicklungen vor dem „Liberation Day“ finden Sie in unserem Newsbeitrag vom 13. März.
Handelsstreit zwischen der EU und den USA
Ein Blick in die jüngste Vergangenheit zeigt, mit welchem rasanten Tempo sich Wirtschaftsteilnehmer auf neue Entwicklungen in der Zollpolitik der USA einstellen müssen: Am 2. April 2025 („Liberation Day“) hatte US-Präsident Trump sogenannte wechselseitige Zölle auf pauschal alle EU-Importe i.H.v. 20% festgesetzt, zusätzlich zu den bereits seit dem 10. Februar 2025 bestehenden Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte i.H.v. 25%. Zudem kündigte Trump Zölle i.H.v. 25% auf Importe von Fahrzeugen und deren Teilen an. Die EU reagierte mit der Androhung von Gegenmaßnahmen, falls die Verhandlungen scheitern sollten.
Bereits am 9. April setzten die USA den 20%-Zoll auf EU-Importe für 90 Tage aus und reduzierten ihn auf 10%, also auf den Zollsatz, der seit dem „Liberation Day“ für alle Importe gleich welchen Ursprungs gilt. Daraufhin setzte auch die EU am 14. April nachmittags ihre am selben Tag vormittags angekündigten Gegenzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte, Motorräder, Leuchten sowie landwirtschaftliche Erzeugnisse für 90 Tage bis zum 14. Juli 2025 aus. Ebenso setzte die EU die Wiedereinführung der Gegenzölle, die bereits während Trumps erster Amtszeit in Reaktion auf die damaligen US-Zölle erlassen worden waren, aus.
Ein weiteres Signal der Entspannung sendeten die USA am 29. April 2025 mit der Regel, dass auf importierte Autos, die mit 25% Zoll belegt werden, nicht auch noch 25% Zoll wegen der Stahl- und Aluminiumkomponenten anfallen.
Die EU bemüht sich aktuell um eine Einigung mit den USA im Wege von Verhandlungen. Für den Fall, dass diese scheitern, hat sie aber nun noch umfangreichere Gegenmaßnahmen veröffentlicht und ihr weiteres Vorgehen erläutert.
Liste von potentiell betroffenen US-Produkten; mögliche Exportbeschränkungen für EU-Produkte
Die über 200 Seiten lange Liste von US-Produkten, die von möglichen EU-Gegenzöllen betroffen sein könnten, enthält eine breite Palette von landwirtschaftlichen und industriellen Produkten im Wert von 95 Milliarden Euro. Sie sind als Reaktion sowohl auf den pauschalen 20%-Zoll als auch auf den Zoll auf Autos und Autoteile zu verstehen. Allerdings geht aus den bisher veröffentlichen Dokumenten nicht hervor, in welcher Höhe genau einzelne Produkte mit Zöllen belegt werden würden.
Außerdem werden Beschränkungen für einige EU-Exporte von Stahlschrott und Chemieprodukten im Wert von 4,4 Milliarden Euro erwogen; eine Liste der möglicherweise von Exportbeschränkungen betroffenen Produkte ist ebenfalls veröffentlicht.
WTO-Verfahren; parallel weitere Verhandlungen
Die EU-Kommission kündigt zudem an, bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein Verfahren durch formelle Bitte um Beratung einzuleiten, um die Rechtswidrigkeit der pauschalen „wechselseitigen“ Zölle sowie die der Zölle auf Autos und Autoteile feststellen zu lassen. Gleichzeitig betont sie ihre Verhandlungsbereitschaft gegenüber den USA, welche aktuell auf politischer wie technischer Ebene stattfänden.
Feedback für betroffene Unternehmen möglich - beteiligen Sie sich!
Die EU-Kommission gibt den Unternehmen, die von den vorgeschlagenen EU-Gegenmaßnahmen betroffen wären, die Gelegenheit, ihre Sicht darzulegen. Dafür steht ausschließlich eine Onlineplattform zur Verfügung. Deadline ist der 10. Juni 2025.
Ausblick
Die Ergebnisse des Feedbacks sollen in den finalen Entwurf der Kommission für eine Durchführungsverordnung einfließen. Dieser Entwurf muss im Rahmen des „comitology-process“ einem Komitee vorgelegt werden, in dem alle Mitgliedsstaaten vertreten sind. Stimmt dieses mit qualifizierter Mehrheit zu, kann die Kommission die Durchführungsverordnung jederzeit verabschieden. Sie hätte dann rechtsgültige Gegenmaßnahmen in der Hinterhand, falls die Verhandlungen scheitern sollten.
Betroffene Unternehmen sollten die Gelegenheit nutzen, um ihre Sicht der Dinge auf die potenziellen Gegenmaßnahmen darzulegen. Die eigene Betroffenheit kann durch einen Abgleich der KN-Codes der eigenen Importprodukte mit den KN-Codes der möglicherweise betroffenen Produkte ermittelt werden, wenngleich für die genaue Bezifferung noch der konkrete Zollsatz fehlt. Zwar finden sich Zeichen der Entspannung, wie aktuell die Grundsatzeinigung zwischen den USA und Großbritannien. Angesichts der zahlreichen Kehrtwendungen, die die Trump-Administration bisher in ihrer Zollpolitik vollzogen hat, sollten Unternehmen ihre Strategie aber nicht alleine darauf ausrichten.